211.611

Ausführungsbestimmungen
zur Verordnung betreffend die Einführung des Kindes- und Erwachsenenschutzrechts

vom 12.06.2012 (Stand 01.01.2013)
Der Regierungsrat des Kantons Obwalden,

gestützt auf Artikel 3 Absatz 3, 23 Absatz 3, 24 Absatz 3, 25 und 29 der Verordnung betreffend die Einführung des Kindes- und Erwachsenenschutzrechts vom 3. Mai 2012 (EV KESR)[1],

beschliesst:
1. Besetzung
Art. 1
Einzelzuständigkeit
1

In die Zuständigkeit eines Mitgliedes fallen folgende Geschäfte des Kindesschutzes:

a. Antragstellung auf Neuregelung der elterlichen Sorge beim Scheidungs- oder Trennungsgericht (Art. 134 Abs. 1 ZGB[2]);
b. Genehmigung von Unterhaltsverträgen sowie Neuregelung der elterlichen Sorge bei Einigkeit der Eltern (Art. 134 Abs. 3 und 287 ZGB);
c. Antragstellung zur Anordnung einer Kindesvertretung im Scheidungs- oder Trennungsprozess (Art. 299 Abs. 2 Bst. b ZPO);
d. Zustimmung zur Adoption des bevormundeten Kindes (Art. 265 Abs. 3 ZGB);
e. Entgegennahme der Zustimmungserklärung von Vater und Mutter zur Adoption (Art. 265a Abs. 2 ZGB);
f. Zuteilung der elterlichen Sorge an den Vater (Art. 298 Abs. 2 ZGB);
g. Übertragung der elterlichen Sorge an den anderen Elternteil (Art. 298 Abs. 3 ZGB);
h. Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge (Art. 298a Abs. 1 ZGB);
i. Ernennung des Beistandes zur Vaterschaftsabklärung (Art. 309 Abs. 1 ZGB);
j. Erteilung der Bewilligung zur Aufnahme eines Pflegekindes zum Zweck der späteren Adoption und Ausübung der Pflegekinderaufsicht (Art. 316 Abs. 1bis ZGB, Art. 2 Abs. 2 AdoV[3]);
k. Anordnung der Inventaraufnahme sowie der periodischen Rechnungsstellung und Berichterstattung über das Kindesvermögen (Art. 318 Abs. 3 und 322 Abs. 2 ZGB);
l. Entgegennahme des Kindsvermögensinventars nach dem Tod eines Elternteils (Art. 318 Abs. 2 ZGB);
m. Bewilligung zur Anzehrung des Kindesvermögens (Art. 320 Abs. 2 ZGB);
n. Anordnung einer Vertretungsbeistandschaft für das ungeborene Kind zur Wahrung erbrechtlicher Ansprüche (Art. 544 Abs. 1bis ZGB);
o. Mitteilung an die zuständige Einwohnerkontrolle über die Zuteilung der elterlichen Sorge und Bevormundung von Kindern;
p. Mitteilung der Ernennung des Beistandes an das Betreibungsamt (Art. 68c SchKG);
q. Prüfung der Rechnung und des Berichts (Art. 415 und 425 ZGB);
r. Erhebung eines Strafantrags (Art. 30 Abs. 2 des Schweizerischen Strafgesetzbuches[4]).
2

In die Zuständigkeit eines Mitgliedes fallen folgende Geschäfte des Erwachsenenschutzes:

a. Überprüfung, Auslegung und Ergänzung des Vorsorgeauftrages sowie Einweisung der beauftragten Person in ihre Pflichten (Art. 363 und 364 ZGB);
b. Zustimmung zu Rechtshandlungen des Ehegatten im Rahmen der ausserordentlichen Vermögensverwaltung (Art. 374 Abs. 3 ZGB);
c. Festlegung der Vertretungsberechtigung bei medizinischen Massnahmen (Art. 381 und 382 Abs. 3 ZGB);
d. Aufnahme eines Inventars und Anordnung der Aufnahme eines öffentlichen Inventars (Art. 405 Abs. 2 und 3 ZGB);
e. Prüfung der Rechnung und des Berichts (Art. 415 und 425 ZGB);
f. Übertragung der Zuständigkeit für die Entlassung einer Person an die Einrichtung (Art. 428 Abs. 2 ZGB);
g. Mitteilung an das Zivilstandsamt über das Bestehen einer umfassenden Beistandschaft oder eines Vorsorgeauftrages (Art. 449c ZGB);
h. Vollstreckungsverfügung (Art. 450g ZGB);
i. Information über das Bestehen einer Massnahme des Erwachsenenschutzes und Gewähren des Akteneinsichtsrechts (Art. 451 Abs. 2 und 449b ZGB);
j. Mitteilung eingeschränkter oder entzogener Handlungsfähigkeit an die Schuldner (Art. 452 Abs. 2 ZGB);
k. Antrag auf Anordnung eines Erbschaftsinventars (Art. 553 Abs. 1 ZGB);
l. Einleitung der Übertragung der bestehenden Massnahme an die Behörde des neuen Wohnsitzes (Art. 442 und 444 ZGB);
m. Mitteilung der Vermögensverwaltung durch einen Beistand oder eine vorsorgebeauftragte Person an das Betreibungsamt (Art. 68d SchKG[5]);
n. Erhebung eines Strafantrags (Art. 30 Abs. 2 des Schweizerischen Strafgesetzbuches).
Art. 2
Erweiterung des Spruchkörpers
1

Das einzelzuständige Mitglied ist in besonderen Fällen berechtigt, die Sache dem Kollegium zum Entscheid vorzulegen.

2. Vorfinanzierung
Art. 3
Abgeltung
1

Den Gemeinden werden jährlich, bis spätestens Mitte Februar des dem Rechnungsjahr folgenden Jahres, verrechnet bzw. in Rechnung gestellt:

a. die Abgeltung für die kantonale Behördenorganisation (Art. 23 EV KESR) durch das Finanzdepartement;
b. die Kosten der Massnahmen, die vom Kanton vorfinanziert wurden und nicht aus dem Vermögen der betroffenen Person bezahlt werden können (Art. 24 EV KESR), durch die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde.
3. Entschädigungen und Spesenersatz
Art. 4
Allgemeines
1

Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde legt die Entschädigung und den Spesenersatz der Beiständinnen und Beistände in der Regel mit der Abnahme des Rechenschaftsberichtes fest.

2

Die Entschädigung und der Spesenersatz werden dem verwalteten Vermögen der betreuten Person belastet oder unterstützungspflichtigen Dritten in Rechnung gestellt, soweit dies zumutbar erscheint.

3

Bei Vermögenslosigkeit oder Fehlen von unterstützungspflichtigen Dritten werden die Entschädigung und der Spesenersatz von der zuständigen Einwohnergemeinde getragen. Als vermögenslos gilt eine Person, deren Reinvermögen weniger als Fr. 25 000.– beträgt.

4

Bei Schlussberichten zufolge Tod der betreuten Person werden die Entschädigung und der Spesenersatz dem Nachlassvermögen belastet, soweit dieses ausreicht. Die restlichen Kosten trägt die zuständige Einwohnergemeinde.

5

Private Mandatsträger können auf eine Entschädigung zu Gunsten des Vermögens der betreuten Person verzichten. Der Verzicht ist bei Abnahme des Rechenschaftsberichtes ausdrücklich der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde mitzuteilen.

6

Die Kindes- und Erwachsenenbehörde kann in einem Reglement die Entschädigung und den Spesenersatz näher regeln.

Art. 5
Bemessung der Entschädigung
1

Die Entschädigung richtet sich nach dem Umfang und der Komplexität der Aufgaben, die den Beiständinnen und Beiständen durch das eidgenössische oder kantonale Recht sowie durch die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde zugewiesen werden.

2

Bemühungen, die nicht zu den eigentlichen Aufgaben der Beiständinnen oder Beistände gehören, jedoch notwendig sind, können separat entschädigt werden.

3

Solche Bemühungen sind vorgängig mit der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde zu vereinbaren.

Art. 6
Höhe der Entschädigung und des Spesenersatzes
1

Die Entschädigung der Beiständin oder des Beistandes für die Mandatsführung beträgt mindestens Fr. 350.–, jedoch höchstens Fr. 5 000.– pro Jahr.

2

Ausnahmsweise kann eine höhere Entschädigung festgelegt werden, wenn sehr umfangreiche, komplexe oder spezielle Aufgaben übertragen wurden.

3

Fahrspesen werden zusätzlich mit einer jährlichen Pauschale im Betrage von Fr. 100.– bis maximal Fr. 300.–, je nach Aufwand, abgegolten. Höhere Fahrspesen sind gesamthaft detailliert auszuweisen.

4

Für die Barauslagen wie Porti, Telefon usw. kann anstelle einer detaillierten Abrechnung eine Jahrespauschale von in der Regel Fr. 200.– bezogen werden. Höhere Barauslagen sind gesamthaft detailliert auszuweisen.

Art. 7
Entschädigung von privaten Fachpersonen
1

Für die Entschädigung von privaten Fachpersonen, insbesondere von Rechtsanwälten und Treuhändern, gelten grundsätzlich die Ansätze gemäss Art. 6 dieser Ausführungsbestimmungen.

2

Sind mit der Mandatsführung Aufgaben verbunden, die spezifische Fachkenntnisse voraussetzen und sich nicht mit den Aufgaben der Beiständin oder des Beistandes decken, kann die Entschädigung gemäss detaillierten Honorarnoten nach Ermessen festgesetzt werden. Soweit vorhanden sind die unteren Tarife des jeweiligen Berufsverbundes heranzuziehen.

4. Schluss- und Übergangsbestimmungen
Art. 8
Übergabe der Akten
1

Die kommunalen Vormundschaftsbehörden übergeben die Akten der hängigen Fälle bis spätestens 31. Dezember 2012 der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde gemäss deren Anweisungen.

2

Die Akten der abgeschlossenen Fälle behalten die Vormundschaftsbehörden in den Gemeindearchiven. Die Akten sind mindestens 10 Jahre zuhanden der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde aufzubewahren. Danach sind die Akten vor einer allfälligen Vernichtung dem Staatsarchiv anzubieten; dieses nimmt allenfalls Rücksprache mit der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde.

Art. 9
Entschädigungen und Spesenersatz
1

Wird die Entschädigung und der Spesenersatz der Beiständinnen und der Beistände noch von der zuständigen Vormundschaftsbehörde bis 31. Dezember 2012 festgelegt, wendet sie für die gesamte Entschädigungsperiode das betreffende kommunale Gebührenreglement an.

2

Wird die Entschädigung und der Spesenersatz der Beiständinnen und der Beistände von der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde festgelegt, wendet sie für die Bemühungen bis 31. Dezember 2012 das betreffende kommunale Gebührenreglement an, für die Bemühungen ab 1. Januar 2013 die vorliegenden Ausführungsbestimmungen.

Art. 10
Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts
1

...[6]

Art. 11
Inkrafttreten
1

Diese Ausführungsbestimmungen treten mit Ausnahme von Art. 8 und 9, die bereits auf den 1. August 2012 in Kraft treten, am 1. Januar 2013 in Kraft.

Informationen zum Erlass

 

Ursprüngliche Fundstelle: OGS 2012, 48

OGS 2012, 48
  1. [1] GDB 211.61
  2. [2] SR 210
  3. [3] SR 211.221.36
  4. [4] SR 311.0
  5. [5] SR 281.1
  6. [6] Die Änderungen bisherigen Rechts sind in den entsprechenden Erlassen nachgeführt und können unter OGS 2012, 48 konsultiert werden. Mit diesen Ausführungsbestimmungen werden die Ausführungsbestimmungen zum Bundesgesetz über internationaleKindesentführung und die Haager Übereinkommen zum Schutz von Kindern- und Erwachsenen vom 1. Juli 2009 (OGS 2009, 35, OGS 2010, 86 Ziff. 5) und Ausführungsbestimmungen über die fürsorgerische Freiheitsentziehung vom 16. Dezember 1980 (OGS 1980, 65, OGS 1986, 21, OGS 2007, 26 und 35, OGS 2010, 86 Ziff. 12) aufgehoben

Änderungstabelle - Nach Beschluss

Beschluss Inkrafttreten Element Änderung Fundstelle
12.06.2012 01.01.2013 Erlass Erstfassung OGS 2012, 48

Änderungstabelle - Nach Artikel

Element Beschluss Inkrafttreten Änderung Fundstelle
Erlass 12.06.2012 01.01.2013 Erstfassung OGS 2012, 48