gestützt auf Artikel 25, 32, 33 und 34 der Kantonsverfassung vom 19. Mai 1968[1],
Das Gesetz regelt die öffentliche Sozialhilfe für Personen aller Altersstufen und für Familien, soweit nicht andere Erlasse besondere Massnahmen oder Leistungen vorsehen.
Es fördert die private soziale Tätigkeit und die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten sozialen Einrichtungen.
Es bezweckt, soziale Notlagen zu verhüten, zu mildern und nach Möglichkeit zu beheben.
Das Gesetz gilt ergänzend auch für die öffentliche Sozialhilfe, die in andern Erlassen geregelt ist.
Die öffentliche Sozialhilfe richtet sich nach den Besonderheiten und Bedürfnissen des Einzelfalls.
Die Hilfeleistung erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Hilfesuchenden. Es ist ihm ein Mitspracherecht zu gewähren.
Die öffentliche Sozialhilfe ist zu gewähren, sofern nicht rechtzeitig auf andere Weise geholfen wird.
Die Hilfe soll nötigenfalls vorbeugend und so lange gewährt werden, bis die Verhältnisse gefestigt sind.
Die öffentliche Sozialhilfe ist grundsätzlich Aufgabe der Einwohnergemeinden.
Der Kanton erfüllt die ihm durch die Gesetzgebung ausdrücklich übertragenen Aufgaben der öffentlichen Sozialhilfe.
Die Sozialbehörde der Gemeinde ist der Einwohnergemeinderat.
Der Einwohnergemeinderat kann Aufgaben und Befugnisse der Sozialbehörde durch Reglement einer Sozialkommission übertragen, der ein Mitglied des Einwohnergemeinderates von Amtes wegen vorsteht.
Die Einwohnergemeinde, in welcher der Hilfesuchende seinen Unterstützungswohnsitz im Sinne des Bundesgesetzes über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger[2] hat, ist für die öffentliche Sozialhilfe zuständig.
Die Einwohnergemeinde des Bürgerortes ist für die wirtschaftliche Hilfe zuständig an:
a. | Bürger mit Wohnsitz in einem andern Kanton; |
b. | Bürger im Ausland; |
c. | Bürger, die keinen Unterstützungswohnsitz zu begründen vermögen und für die kein anderer Kostenträger zuständig ist. |
Bei mehreren Gemeindebürgerrechten gilt sinngemäss Art. 17 des Bundesgesetzes über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger[3].
Bei unaufschiebbarer Hilfe obliegt die Pflicht zur Hilfe jener Einwohnergemeinde, auf deren Gebiet die Hilfebedürftigkeit eingetreten ist.
Der Rückgriff auf das zahlungspflichtige Gemeinwesen bleibt vorbehalten.
Die Einwohnergemeinden unterhalten einen Sozialdienst.
Der Kanton führt ein Sozialamt mit besonderen Beratungs- und Vermittlungsdiensten.
Mit den öffentlichen und privaten Einrichtungen der Sozialhilfe ist nach Möglichkeit zusammenzuarbeiten. Sofern sie Gewähr für eine fachgerechte Sozialhilfe bieten, können ihnen sozialdienstliche Aufgaben übertragen werden.
Die zuständigen Stellen fördern die Selbsthilfe und die Eigenständigkeit des Hilfesuchenden.
Die Ursachen einer sozialen Notlage sind zu ermitteln und nach Möglichkeit zu beseitigen.
Wer in Lebensschwierigkeiten auf Beratung und Betreuung angewiesen ist, kann die Hilfe des zuständigen Sozialdienstes beanspruchen.
Der Sozialdienst wählt die geeignete Form der Hilfe.
Wer für seinen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen mit gleichem Wohnsitz nicht hinreichend oder nicht rechtzeitig aus eigenen Mitteln aufkommen kann, hat Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe.
Die wirtschaftliche Hilfe hat einen den persönlichen Bedürfnissen angemessenen Lebensunterhalt zu ermöglichen.
Sofern der Hilfeempfänger die ihm zumutbare Mitwirkung ablehnt, kann die öffentliche Sozialhilfe eingeschränkt oder eingestellt werden.
Die weitere Hilfe besteht in Anordnungen gegenüber Personen mit beschränkter Selbstbestimmungsfähigkeit.
Die Massnahmen der weiteren Hilfe werden durch den Einwohnergemeinderat angeordnet. Sie bestehen in:
a. | einer ambulanten ärztlichen Begutachtung oder einer Abklärung; |
b. | Weisungen, sich alkoholischer Getränke oder anderer Suchtmittel zu enthalten; |
c. | einer Beratung durch den Sozialdienst, den sozialmedizinischen Dienst oder einen besonderen Beratungs- oder Vermittlungsdienst. |
Wer wirtschaftliche Hilfe in Anspruch nimmt oder genommen hat, ist zur Rückerstattung verpflichtet, wenn er infolge unwahrer oder unvollständiger Angaben in den Genuss von Leistungen gekommen oder durch Erbschaft oder Vermögenserwerb in finanziell günstige Verhältnisse gelangt ist.
Der Rückerstattungsanspruch erstreckt sich auf die Leistungen, die der Hilfeempfänger für seinen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen mit gleichem Wohnsitz erhalten hat.
Gegenüber Erben von Personen, die wirtschaftliche Hilfe bezogen haben, erstreckt sich die Rückerstattungspflicht höchstens auf die empfangene Erbschaft.
Wirtschaftliche Hilfe, die jemand während seiner Minderjährigkeit oder bis zum Abschluss einer ordentlichen Ausbildung empfangen hat, ist nicht zurückzuerstatten. *
Sofern durch unwahre oder unvollständige Angaben wirtschaftliche Hilfe erwirkt wurde, ist diese mit Zins zurückzuerstatten. Der Zinssatz richtet sich nach Art. 104 Abs. 1 OR[4].
Die Rückerstattungspflicht erlischt nach Ablauf von zehn Jahren seit der letzten wirtschaftlichen Hilfeleistung.
Der Hilfesuchende ist über die Rückerstattungspflicht zu informieren.
Die Kosten des Sozialamtes trägt der Kanton.
Die Kosten des sozialmedizinischen Dienstes trägt der Kanton. *
Die übrigen Kosten der öffentlichen Sozialhilfe tragen die Einwohnergemeinden.
Begründet der Hilfeempfänger innerhalb des Kantons einen neuen Unterstützungswohnsitz, so geht die Zahlungspflicht nach einer einjährigen Wohnsitzdauer auf die Einwohnergemeinde des neuen Unterstützungswohnsitzes über.
Kanton und Einwohnergemeinden können private Einrichtungen der Sozialhilfe mit Beiträgen fördern, sofern dies im öffentlichen Interesse liegt und die Notwendigkeit der Hilfe im Sinne dieses Gesetzes gegeben ist.
Vorbehalten bleiben besondere Beitragsbestimmungen.
Kanton und Gemeinden können Beiträge an Bau- und Betriebskosten sowie Betriebsdefizite von Heimen und Einrichtungen der Sozialhilfe bewilligen, für deren finanzielle Unterstützung keine besondere Rechtsgrundlage besteht, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt und die Notwendigkeit der Hilfe im Sinne dieses Gesetzes gegeben ist.
Soweit der Kanton Beiträge leistet, schliesst der Regierungsrat zu diesem Zweck mit dem Träger eine Vereinbarung ab, welche der Genehmigung des Kantonsrates bedarf.
Wenn lediglich die Gemeinden Beiträge leisten, schliessen die zuständigen Gemeinderäte mit dem Träger eine Vereinbarung ab, welche der Genehmigung der Gemeindeversammlung bedarf.
Der Kanton fördert Aus- und Weiterbildungskurse für das in der öffentlichen Sozialhilfe tätige Personal. Zum Zwecke der Beteiligung und zur Übernahme von Beiträgen an Schulen, welche durch Kantonseinwohner besucht werden, ist der Kantonsrat zum Abschluss entsprechender Vereinbarungen abschliessend zuständig. Die in den Vereinbarungen festgelegten Kosten trägt der Kanton.
Die Aufsicht über die öffentliche Sozialhilfe obliegt dem Regierungsrat.
Gegen die Verfügungen und Entscheide des Sozialdienstes und der Sozialkommission der Einwohnergemeinde steht dem Betroffenen das Beschwerderecht an den Einwohnergemeinderat zu.
Gegen Verfügungen und Entscheide des Einwohnergemeinderates sowie des Sozialamtes und der besonderen Beratungs- und Vermittlungsdienste steht dem Betroffenen das Beschwerderecht an den Regierungsrat zu.
Die Beschwerde ist innert 20 Tagen seit der Zustellung der Verfügung oder des Entscheides schriftlich begründet einzureichen.
Der Beschwerde kommt aufschiebende Wirkung zu, soweit die Beschwerdeinstanz nichts anderes anordnet.
Verfügungen und Entscheide haben eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten.
Wenn eine Einwohnergemeinde den Anspruch auf Kostenersatz oder Richtigstellung oder die Abrechnungen nicht anerkennt, muss sie innert 30 Tagen bei der fordernden Einwohnergemeinde unter Angabe der Gründe Einsprache erheben.
Die Einsprachefrist beginnt mit der Zustellung der Unterstützungsanzeige, der Abrechnung oder des Begehrens auf Richtigstellung.
Anerkennt die fordernde Einwohnergemeinde die Einsprache nicht und wird diese nicht zurückgezogen, so kann sie gestützt auf Art. 62 des Gesetzes über die Gerichtsorganisation[5] beim Verwaltungsgericht Klage einreichen.
Die Bürgergemeinden sind verpflichtet, die Vermögenswerte, die sich im Eigentum oder in der Verwaltung der Bürgergemeinden (Armenverwaltungen) befinden und die ihrer Entstehung oder Zweckbestimmung nach für die Sozialhilfe bestimmt sind, innert zwei Jahren seit Inkrafttreten dieses Gesetzes in das Eigentum bzw. die Verwaltung der Einwohnergemeinden zu übertragen.
Vor der Übertragung ist das Korporationsgut auszuscheiden.
Fürsorgerechtliche Rückerstattungsansprüche gehen ebenfalls an die Einwohnergemeinden über.
Der Regierungsrat kann Weisungen erlassen.
Mit Inkrafttreten des Gesetzes sind der neu zuständigen Einwohnergemeinde sämtliche Fürsorgeakten der noch lebenden Personen zu übergeben. In die übrigen Akten ist Einsicht zu gewähren.
Vormundschaften von Kantonsbürgern, die seit mehr als einem Jahr bestehen, gehen mit Inkrafttreten dieses Gesetzes an jene Einwohnergemeinde über, in welcher sich ohne diese Vormundschaft der Unterstützungswohnsitz gemäss Bundesgesetz über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger[6] befände.
Der Kantonsrat regelt durch Verordnung insbesondere:
a. | die Rechte und Pflichten der Sozialbehörden, der Sozialdienste und des Sozialamtes; |
b. | die Rechte und Pflichten der Hilfesuchenden; |
c. | die Leistungen der öffentlichen Sozialhilfe. |
Der Kantonsrat regelt den Anspruch auf Bevorschussung von Unterhaltsbeiträgen für Kinder sowie die Inkassohilfe für Kinder- und Ehegattenunterhaltsbeiträge durch Verordnung. *
...[7]
Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes werden die ihm widersprechenden Bestimmungen aufgehoben, insbesondere:
a. | das Armengesetz vom 26. Weinmonat 1851[8]; |
b. | die Gesetzesinterpretation betreffend Verpflegung erkrankter und Beerdigung verstorbener armer Angehöriger anderer Kantone und Staaten vom 25. Januar 1877[9]; |
c. | ...[10] |
Der Regierungsrat bestimmt, wann dieses Gesetz in Kraft tritt.[11]
Er wird mit dem Vollzug beauftragt.
Dieses Gesetz unterliegt der Genehmigung durch den Bundesrat.[12]
Informationen zum Erlass
Ursprüngliche Fundstelle: OGS 1983, 110
geändert durch:
- Nachtrag vom 15. Oktober 1999, vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement genehmigt am 10. November 1999, in Kraft seit 1. Januar 2000 (OGS 1999, 105)
- das Gesetz über die Aufgabenteilung zwischen Kanton und Gemeinden (Finanzpaket) vom 20. September 2001, in Kraft seit 1. Januar 2002 (OGS 2001, 83)
- den Anhang zum Nachtrag zum Gesetz betreffend die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 3. Mai 2012, in Kraft seit 1. Januar 2013 (OGS 2012, 29 und 43)
Beschluss | Inkrafttreten | Element | Änderung | Fundstelle |
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23.10.1983 | 01.01.1985 | Erlass | Erstfassung | OGS 1983, 110 |
15.10.1999 | 01.01.2000 | Art. 29 Abs. 2 | geändert | OGS 1999, 105 |
20.09.2001 | 01.01.2002 | Art. 18 Abs. 2 | geändert | OGS 2001, 83 |
20.09.2001 | 01.01.2002 | Art. 22 | totalrevidiert | OGS 2001, 83 |
03.05.2012 | 01.01.2013 | Art. 17 Abs. 4 | geändert | OGS 2012, 29 |
Element | Beschluss | Inkrafttreten | Änderung | Fundstelle |
---|---|---|---|---|
Erlass | 23.10.1983 | 01.01.1985 | Erstfassung | OGS 1983, 110 |
Art. 17 Abs. 4 | 03.05.2012 | 01.01.2013 | geändert | OGS 2012, 29 |
Art. 18 Abs. 2 | 20.09.2001 | 01.01.2002 | geändert | OGS 2001, 83 |
Art. 22 | 20.09.2001 | 01.01.2002 | totalrevidiert | OGS 2001, 83 |
Art. 29 Abs. 2 | 15.10.1999 | 01.01.2000 | geändert | OGS 1999, 105 |